
In anderen Ländern wird Matratzenrecycling bereits betrieben, während das Thema in der Schweiz noch kaum angegangen worden ist. Doch das soll sich ändern. Eine erste recyclingfähige Matratze ist mittlerweile auf dem Markt, und weitere werden folgen.
Es sorgte vor kurzer Zeit für Aufsehen: das «Cloud-Sofa». Es ist das Ergebnis einer Kooperation von mehreren Partner*innen, darunter Möbelhersteller Girsberger oder das Winkler Holzbiegewerk, und ging aus der Initiative «Make Furniture Circular» beziehungsweise aus der Matratzen-Allianz hervor. Letztere ist ein Zusammenschluss diverser in der Matratzenbranche tätiger Unternehmen. Der Clou des Möbels: Die Füllung der Sofakissen wurde hauptsächlich aus alten Matratzenkernen hergestellt. Somit werden diese wiederverwertet und münden nach Waschen und Schneiden in einem Produkt, welches das Attribut «Upcycling» verdient.

Zahlen zum Recycling
Obwohl das «Cloud-Sofa», gestaltet durch Fink Product Design aus Münchenstein, einen relativ kleinen Beitrag zur Problematik mit alten Matratzen leisten wird, so ist es doch ein Leuchtturmprojekt, das zeigt, wozu Innovation und Produktgestaltung in der Lage sind.
Die Wiederverwertung von Matratzen dagegen ist ein Thema, das sich im Rahmen der erwähnten Matratzen-Allianz entwickeln muss und wird. Schliesslich fallen hierzulande jährlich bis zu einer Million alte Matratzen an, die bisher der thermischen Verwertung zugeführt worden sind. Das entspricht in etwa einer durchschnittlichen Matratzenlebensdauer von acht bis zehn Jahren. Nicht zuletzt im Rahmen sich verteuernder und knapp werdender Rohstoffe macht es Sinn, Matratzen wieder zu verwenden. In der Schweiz werden 70% Schaumstoff-, 23% Federkern-, 5% Latexmatratzen und 2% andere Matratzentypen verkauft. Die Schaumstoffmatratzen bestehen vorwiegend aus Polyurethanschaum.
Diverse Verfahren
In den Werken von Retour Matras in den Niederlanden, einem grossen Recycler von Matratzen, wäscht man diesen Schaumstoff, schneidet ihn klein, schäumt die Flocken erneut auf und schält den entstehenden Rohling zu relativ schweren Matten, die als Isolation oder als Unterlage von Böden Verwendung finden.
Im Gegensatz zu diesem mechanischen Recycling gibt es das chemische Recycling. Hierbei wird das Polyurethan in Polyol zurückverwandelt, welches zu neuem Schaumstoff aufgeschäumt werden kann. Dieser hinterlässt einen geringeren C02-Fussabdruck, als wenn er aus Primärrohstoff hergestellt worden wäre. Allerdings kann man mit diesem Verfahren aus dem Sekundärrohstoff noch nicht den hochwertigen Matratzenschaum erzeugen.
Eine weitere Art, gebrauchten Matratzen ein verlängertes Leben einzuhauchen, ist das Waschen in übergrossen Waschmaschinen. Das Verfahren kommt vor allem in der Hotellerie zum Einsatz. Es wird auch angewendet, um die Füllungen in den Kissen des «Cloud- Sofas» rein zu waschen.
Das Design zählt
Um gebrauchte Matratzen einer erneuten Verwendung zuzuführen, benötigt es für jede Art von Recycling einer speziellen Matratzenarchitektur. Joel Hügli aus Bern hat in seiner Diplomarbeit «Ecolocical Mattress Design» (Ecomade) an der HSLU diesbezüglich ein Designbriefing entwickelt, welches auf der Website der Initiative «Make Furniture Circular» heruntergeladen werden kann. Darin wird aufgezeigt, dass es für eine nachhaltige Matratzenbranche recycelbare Matratzen mit klugen Designlösungen braucht. So müssen die im Produkt enthaltenen Stoffe am Ende der Lebensdauer gut getrennt werden können, damit sich die Chance erhöht, das eine oder andere Material im Stoffkreislauf wiederzufinden. Das bedingt nicht zuletzt eine konsequente Kennzeichnung der eingesetzten Materialien.

Die Firma Riposa zeigt seit Kurzem, wie das gehen kann. Unter dem Markennamen «Circle Sleep» führt das Glarner Unternehmen zwei Federkernmatratzen im Sortiment, deren «verbaute» Materialien nach eigenen Angaben zu 92 Prozent in den Schweizer Industriekreislauf zurück gelangen. Eingesetzt wird unter anderem ein eigens entwickelter «ReFoam» mit verschiedenen Härtegraden. Zudem verwendet man so wenig Material wie möglich, so viel wie nötig. Ein angebrachter QR-Code soll in diesem Fall den Rücktransport ins Werk regeln. Hier gilt von der Verbraucherseite, ihn einzuscannen und die verbrauchte Matratze für den Rücktransport anzumelden. Im Moment sieht es so aus, dass die Matratze im Einzelfall abgeholt wird.

Die Rückführung
In der Matratzen-Allianz wird genau dieses System heiss diskutiert. In den Niederlanden beispielsweise sammelt man alte Matratzen in Containern, welche sicherstellen, dass der wertvolle Sekundärrohstoff nicht nass wird. In nassem Zustand wäre die Weiterverarbeitung unmöglich. Das System dürfte allenfalls auch in der Schweiz Verwendung finden. Jedenfalls signalisieren das mehrere Akteure. Bis es so weit ist, wird die Firma Girsberger wohl noch das eine oder andere Cloud-Sofa bauen.
www.make-furniture-circular.ch
www.fink.studio
www.joelhuegli.ch/ecomade
www.riposa.ch
www.girsberger.com
Quelle: INTERIEUR, Text: Michael Wyss, Bilder: zVg