Diga Möbel «I d’Diga muesch higa»

By 10. März, 2022 No Comments
UnternehmenMöbelhandel
Fabian, Philipp und Tobias Diethelm

«Der etwas andere Möbelhändler» stand 2012 über einem INSIDE-Artikel zum Generationswechsel beim Schweizer Filialisten Diga Möbel, den Fabian Diethelm als Vorbereitung auf ein Gespräch im Dezember 2021 nochmal hervorgeholt hat. 2012, da war die sechste Generation der Inhaberfamilie Diethelm mit Fabian, Philipp, Angela, und Jonathan gerade in den Startlöchern gestanden. Seit April 2021 ist die Riege mit Tobias Diethelm komplett. Die gesamte operative Führung liegt bei der sechsten Generation. Die Brüder Roland und Marcel Diethelm sind aber durchaus noch präsent im Unternehmen.

Ein «anderer» Möbelhändler ist Diga jedenfalls nach wie vor. Das habe sich seitdem nicht geändert, sagt Fabian Diethelm, der als Marketingverantwortlicher für die Kommunikation nach aussen zuständig ist. Anders ist zum Beispiel, dass die Firmengruppe auch über eine Reisesparte und ein Immobiliengeschäft verfügt. An der Front für die Möbelsparte stehen Fabian, Philipp und Tobias Diethelm.

Anders ist auch, dass Diga in einer Zeit, in der sich auch der Schweizer Markt nach dem XXXLutz-Eintritt konzentriert wie nie zuvor, keine Expansionspläne hat. Die grosse Expansionsphase hat man hinter sich. Die ehemals zehn Einrichtungshäuser wurden nach der Modernisierung der Filiale in Viburg, die dann auch Kunden aus weiter westlich gelegenen Gebieten anzog, bewusst auf neun reduziert, und mehr sollen es auch nicht mehr werden. Das Ziel, flächendeckend in der deutschsprachigen Schweiz vertreten zu sein, ist erreicht. «Irgendwann machen zusätzliche Flächen keinen Sinn mehr», sagt Fabian Diethelm. Die Strategie der Diethelms: Lieber die Ausstellungen modern und attraktiv halten. Jährlich sollen zwei der Filialen, die zwischen 5’000 und 10’000 qm gross sind, renoviert werden, auch mit baulichen Massnahmen. Diethelm: «Das Gleiche fünf Mal zu zeigen, bringt nichts. Mit wenig Fläche ist genauso viel Umsatz möglich wie mit grosser Fläche.»

Diga stellt also nicht 300 Sofas zur Schau, sondern bietet individuelle Wohnlösungen an. Die Beratung umfasst nicht Einzelmöbel, sondern den ganzen Raum. Man eruiert, was der Kunde braucht, und fragt beispielsweise auch, wie der Fussboden ausschaut. Entsprechend besteht auch das Sortiment aus vielen Systemprogrammen. «Wir gehören keinem Verband an. Unser Unternehmen zeichnet sich durch Eigenständigkeit und eigene Einkaufsentscheidungen aus. Das hat sich sehr bewährt.» Die Identität der Lieferanten möchte Diethelm unter Berufung aufs «Schweizer Bankgeheimnis» nicht preisgeben. (Dem Bankgeheimnis unterliegt übrigens auch der Umsatz des Filialisten.) Auf Herstellermarken wird man im Diga-Möbelhaus auch nicht stossen. Diga fährt schon seit Jahren eine Handelsmarkenstrategie. Die Marke ist Diga selbst, und die hat in der Schweiz auch eine grosse Bekanntheit. Bei der Lieferantenauswahl setzt die Familie Diethelm in erster Linie auf mittelständische Unternehmen, auch viele Schreiner gehören dazu. Fernost ist bei der Beschaffung kein Thema, vielmehr sind kurze Wege gefragt. Die Ware kommt aus dem «nahen Europa».

Da Diga bei kleineren Lieferanten für eine Grundauslastung sorgt, werde man oft auch bevorzugt behandelt, auch wenn man kein Riese ist – in Form von Exklusivmodellen und in Sachen Lieferzeiten. Klingt sehr nach heiler Welt. Ganz so rosa ist es natürlich auch nicht. Wie andere Händler habe man auch mit Versorgungsproblemen zu kämpfen, räumt Fabian Diethelm ein. Die werden pragmatisch angegangen: Kommt ein Möbelstück nicht pünktlich oder ist defekt, muss eine schnelle Lösung her. 14 Wochen auf Ersatzteile warten, ist da nicht die Strategie. Diethelm: «An erster Stelle steht bei uns die Kommunikation. Wenn Ware nicht pünktlich lieferbar ist, darf keine Standardmail rausgehen. Wir stellen auch Ersatzmöbel zur Verfügung, ohne dass der Kunde das nachfragt.»

Gerade seit dem Markteintritt von Lutz vor wenigen Jahren sieht die Familie sich in ihrer Strategie bestätigt. Natürlich zieht ein Pfister unter Lutz-Regie, wenn er mehr auf Masse setzt, zusätzliche Kunden an. Frühere Pfister-Stammkunden jedoch, die finden sich nun immer häufiger in der Diga-Kundenkartei wieder, weil sie sich in der neuen Pfister-Strategie und den veränderten Sortimenten nicht erkennen. Ähnliches wird von Schweizer Händlern und Lieferanten übrigens auch über Verkäufer berichtet.

Keine Panik also in Galgenen. «Wir bewegen uns in der Nische im Markt. Das Stück vom Kuchen ist da», sagt Fabian Diethelm. Und: «Wir sind uns dessen bewusst, was wir können. Die Erwartungshaltung von Diga-Kunden ist die einer sehr grosse Kompetenz.» An dieser Kompetenz wird hart gearbeitet. Alle Verkäufer, auch die, die seit vielen Jahren dabei sein, müssen das ganze Jahr über lernen. Als Mystery Shopper unlängst elf Händler unter die Lupe nahmen, ging Diga sogar als Testsieger hervor.

Anders als bei anderen Schweizer Möbelhändlern ist auch: Diga verkauft auch Küchen. Auch Lutz tut das jetzt in der Schweiz. Küchen sind im Schweizer Möbelhaus keine Standardware. Bei Diga ist das Angebot historisch gewachsen, denn das Unternehmen war früher selbst Produzent. Eine ähnlich hohe Gewichtung wie im deutschen Möbelhandel haben Küchen trotzdem nicht. Heute kommen die Küchen von deutschen Lieferanten, werden sowohl im Retail als auch im Objektgeschäft angeboten. Im Retail geht’s neben dem Ersatzbedarf auch um kleine Objekte. «Wir sind ein kleines Land, hier baut man in die Höhe, also gibt es viele Objekte», erklärt Fabian Diethelm. Diga hat das Objektgeschäft in den vergangenen Jahren ausgebaut und in Galgenen eine eigene Objektabteilung eingerichtet, die sich vor allem um Küchen, Büro und Hotelausstattung kümmert.

Historisch gewachsen ist auch die Distribution. Die Ursprünge von Diga Möbel liegen in einer Schreinerei mit angeschlossenem Sägewerk. Die produzierten Möbel wurden in einer Fabrikausstellung gezeigt, in der bald auch andere Schreinereien ihre Ware präsentierten. So wurde man zunächst zum Grosshändler. Bis heute ist der Möbelhändler stark B2B-verbandelt, Firmen kaufen zu Grosshandelskonditionen ein. Es gibt auch eine Kooperation mit Cash-und-Carry-Märkten (wie in Deutschland Metro). Grosshandelskunden können die entsprechenden Kundenkarten auch bei Diga vorzeigen und erhalten Rabatte nach dem Motto «Dein Kunde ist unser Kunde», ein ähnliches Konzept gibt es mit Versendern. An den üblichen Rabattschlachten beteiligt sich Diga also nicht. Prozente gibt es nur punktuell, die Konditionen geben die Diethelms lieber an die genannten VIP-Kanäle.

Auch Diga war im letzten Jahr – und das nach den Lockdowns, mit denen ein satter Umsatzeinbruch einherging – Opfer einer Cyberattacke, die für einige Wochen die ganzen Systeme lahmlegte. Der Vorteil an dieser Katastrophe: Alles wurde zum Neuaufbau genutzt. «Wir haben einen riesigen technologischen Fortschritt gemacht und sind jetzt super aufgestellt für die Zukunft. Das Gute in der Krise sehen. So versuchen wir zu denken», sagt Fabian Diethelm und bringt gleich noch ein Beispiel aus der Vergangenheit. Als der Möbelmarkt in der Ölkrise der 70er Jahre einbrach, hat Diga Särge produziert.

Der Neustart nach der Hackerattacke hat dazu geführt, dass Diga nun auch in Sachen Digitalisierung auf einem guten Stand ist. Die erste Begegnung mit der neuen Einrichtung hat ja so ziemlich jeder Kunde heute im Netz. «Früher hat man zwei Wochenenden Möbel angeschaut. Heute kommen die Kunden vorbereitet zum Termin. Da muss man online dabei sein, inspirieren und informieren, indem die Artikel mit Daten online zu sehen sind», sagt Diethelm. Der Verkaufsabschluss im Onlineshop steht dabei gar nicht mal im Vordergrund. Man habe beobachtet, dass die Kunden die ersten Schritte oft selber machen möchten, den Polsterbezug auswählen etc.; dabei helfe man, indem man alle verfügbaren Tools auf der Webseite zur Verfügung stellt, da es einen Standard im Handel noch nicht gibt. 24 Konfiguratoren vom Schrank bis zum Teppich kann man beim Blick auf die Seite zählen. Das Internet dient als Schaufenster, der typische Diga-Kunde kauft aber offline. Ganz nach dem Slogan «I d‘Diga muesch higa!»

Quelle: Inside

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