
Plastik hat einen denkbar schlechten Ruf. Nicht selten wird das Material mit Billigmöbeln assoziiert; als klimaschädlich gilt es sowieso. Dabei geht es auch anders.
Wer an Plastikmöbel denkt, hat oft das Bild billiger Gartenstühle vor sich, auf die man sich nur sehr ungern setzt. Dabei haben Designmarken wie Kartell oder Vitra eigentlich längst bewiesen, dass Kunststoff auch das Potenzial für hochwertige Designmöbel haben.
Nachhaltiger ist das ganze natürlich, wenn dafür nicht neues Material sondern Recycling-Plastik verwendet wird. Kreativschaffende experimentieren immer wieder mit wiederverwerteten Abfällen und überzeugen damit sowohl Ökologen als auch Ästhetinnen. So zum Beispiel auch Alexander Schul. Der Designer aus Lausanne hat ein Verfahren entwickelt, wie aus alten Joghurtbechern ein Material zur Herstellung neuer Möbel entsteht.
Vom Joghurtbecher zum Möbelstück
Wird ein Joghurtbecher zu Hause weggeschmissen, landet dieser später in einem Recycling-Center. Dort wird er von anderem Plastik getrennt, gewaschen und geschreddert. «Das daraus entstandene Granulat können Materialhersteller in Säcken kaufen und zu Platten thermoformen», erklärt der Designer.
Für seine «Substantial Furniture Line» arbeitete Schul mit der englischen Firma Smile Plastics zusammen. «Mir gefällt die Art, wie sie das Granulat farblich sortiert, um daraus verschiedene Muster, die der Diversität des Abfalls entsprungen sind, zu erzielen.» So sind in seinen Möbelstücken beispielsweise kleine glänzende Stückchen zu sehen, bei denen es sich um die Aluminium-Deckel von Joghurtbechern handelt. «Ein schöner Nebeneffekt des Recyclings.»

Weil die Plastikplatten thermoformbar sind, ist es möglich, das unter Hitze und Druck zu biegen. Alexander Schul hat einen Vorgang entwickelt, wie man das Material zu stabilen Strukturen pressformen kann, aus denen man Möbel bauen kann. «Ich habe Schnittmuster und Pressformen kreiert, aus denen ich mit minimalem Materialverbrauch maximal stabile Stühle oder Beistelltische herstelle.»
Hoher Anspruch an Langlebigkeit
Dieser Prozess, der skalierbar ist, hat Schul mit der Intention entwickelt, dass damit auch grössere Stückzahlen hergestellt werden können: «Grössere Mengen an Plastik können nur dann rezykliert werden, wenn ein Design in der Masse hergestellt werden kann», erklärt Schul.
Auch visuell hat Schul sehr hohe Ansprüche an Langlebigkeit: Um möglichst zeitlos zu sein, halte ich das Design stark reduziert. «Ziel der Kollektion war von Anfang an, den einst temporär genutzten Joghurtbecher in ein langlebiges Objekt zu transformieren.»
Doch nicht nur aus Joghurtbechern, sondern auch aus vielen anderen Abfällen, können neue Produkte entstehen. Wir zeigen hier eine Auswahl an Designstücken.
Möbelstücke aus rezykliertem Plastik:
Flexibel: Ob für den Apéro oder als Zeitungsablage: Der Tisch lässt sich leicht verstellen und ist so schnell zur Stelle. «Tomo» (etwa 100 Franken), von Yokozeki Ryota für Toou.
Zeitlos: Der rezyklierte Kunststoff enthält reflektierende Teile. Diese kommen im Licht besonders schön zur Geltung. «Substantial lamp» (Preis auf Anfrage), von Alexander Schul.Unterschiedlich: Jedes Stückchen Farbe hat eine Vergangenheit. «Confetti Pill Dining Table» (etwa 1400 Franken), von Nicholas Karlovasitis und Sarah Gibson für DesignByThem. Süss: Dieser Teppich der Designerin Jutta Werner Heu besteht aus recycelten Bonbonpapiere. Hergestellt wird das Produkt in Indien. Erhältlich in verschiedenen Farben und Grössen: Teppich «Nomad 01» (ab 1512 Euro) von Nomad Studio. Stapelbar: Ein Gemisch aus Plastikabfall und Sägespänen ist die Formel für diesen Stuhl. «1 Inch Reclaimed» (etwa 260 Franken), von Jasper Morrison für Emeco.
Quelle: www.bellevue.nzz.ch